Haifa, Turkish market (shutterstock)

Konzessionen

Vor 1 1/2 Jahren habe ich über zwei archaische Gesellschaften im Nahen Osten geschrieben, die es bis in unsere Zeit nicht geschafft haben, ihre urtümlichen Gebräuche zu verträglicheren Umgangsformen zu entwickeln. Leider hat sich die Lage seitdem nicht gebessert, sondern nur noch weiter verschlimmert. Inzwischen sind mehr als 50.000 tot. Werden sie weitermachen, wie es in ihren alten Schriften steht? Da gingen einst aus weit geringerer Ursach die Einen her und metzelten alle erwachsenen Männer der Anderen hin (1 Mose / 34).
Fast könnte man meinen, man sei im falschen Film, im falschen Jahrtausend. Aber wir leben im 21. Jahrhundert, 221 Jahre nach Immanuel Kant. Wir dürfen ein Mindestmaß an zivilisiertem Verhalten einfordern von allen Beteiligten, so sie Wert darauf legen, von uns als Mitmenschen betrachtet zu werden. Blutbäder wie einst im Lande Kanaan haben schon lange als friedensstiftende Maßnahmen ausgedient. Falls es sich noch nicht bis zu den Beteiligten durchgesprochen haben sollte: wir ziehen Übeltäter aufgrund von Gestzen zur Verantwortung.
Was bliebe also zu tun? Auch wenn es die Beteiligten nicht hören wollen: es müssen die Fakten auf den Tisch. Beide Seiten müssen die Wurzeln des Konflikts aus jeweils dem eigenen Blickwinkel benennen. Und dann muss unter Einbeziehung erfahrener Beraterinnen und Berater (ohne persönliche Agenda) nach Maßnahmen zur schrittweisen Entspannung der Situation gesucht werden.
In Anbetracht merkwürdiger Ratschläge Außenstehender ('Riviera'...) wage ich es kaum, selbst über Möglichkeiten zu spekulieren (auch wenn immerhin meine Frau Jüdin ist). Auch hier hätte ich eine Schwäche für das Paradoxe. Seit vielen Jahren gibt es im Westjordanland einen Wildwuchs an illegalen jüdischen Siedlungen. Man sollte die Bewohner enteignen und den Wohnraum jenen zur Verfügung stellen, deren Behausungen jetzt im Gazastreifen zerstört wurden.
Wie das gehen soll? Indem man eine Mitschuld der radikalen Siedler an der Eskalation der Spannungen konstatiert. Zu Lösungen wird man nur kommen, wenn beide Seiten zu Konzessionen bereit sind. Vielleicht entdeckt man ja auf diese Weise sogar noch einen Weg, der in letzter Zeit keine Beachtung mehr gefunden hat. 'From the river to the sea' könnten problemlos beide in Anspruch nehmen, wenn sie es schaffen, sich gemeinsam in einem Staatswesen einzurichten, auf Basis von Recht und Gesetz (und nicht von Faustrecht und Rache).
Dass Juden und Moslems gut zusammenleben können sieht man an Haifa, wo meine Frau zur Welt gekommen ist. Die Eltern Ihres Vaters stammten aus Polen, die ihrer Mutter aus dem Irak (beides jüdische Familien). Was für eine schöne Mischung.
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