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Europa ist kein Player...

...titelt Thomas Mayer im Standard vom 24.6.25, und das ist auch gut so. Wir Europäer spielen nicht. Einer muss ja schließlich ernsthaft und vernünftig bleiben. Es gibt Zeiten, da scheint es selbst die Vernünftigen nach Gewalt zu jucken. Deeskalation und versöhnliche Gelassenheit wären eher angebracht. Beides kann ansteckend sein, sowohl die Aufgeregtheit als auch die Ruhe. Deshalb lohnt es sich, ruhig zu bleiben, und deshalb muss davon abgeraten werden, Gewaltbereitschaft demonstrativ zur Schau zu tragen.
Der Einsatz von Gewalt als letztes Mittel ist immer eine Option, steht in einer gut verfassten Gesellschaft aber nie den Kontrahenten zu, sondern immer nur unbeteiligten (und gut gerüsteten) Dritten. In einer seiner letzten (und umfangreichsten) Schriften empfiehlt Platon die gut gerüstete Wehrhaftigkeit als probates Mittel gegen den Ausbruch von Kriegen. Damals hat er damit noch die Wehrhaftigkeit der potentiellen Kontrahenten gemeint. Heute können wir seinen Rat präzisieren: Wir müssen ausreichend Mittel zur Anwendung von Gewalt bereitstellen, aber friedensstiftend wird sie nur wirken, wenn ihr Einsatz Dritten vorbehalten ist, die nicht direkt am Konflikt beteiligt sind. Nur unter dieser Voraussetzung kann man für den Frieden rüsten.
Dazu bedarf es eines Regelwerkes, auf das sich alle verständigen können. Haben wir ein solches? Bisher haben wir nur gut gemeinte, aber zahnlose Vorstufen, nichts wirklich Brauchbares. Mag sein, dass jede Welt nur solche Instrumente zur Verfügung hat, die sie auch verdient. Immer noch führen die Menschen zuviel Kriegslust und Gewaltbereitschaft im Schilde. Sie fühlen sich allzu oft als 'Player' in einem 'Spiel', das zu Siegern und Verlierern führt.
Spiele führen immer nur von Runde zu Runde und nie zu einem guten Ende für alle. Solange dabei niemand zu Schaden kommt, darf man ein Spiel als sinnvolles Mittel zum Abbau von Spannungen betrachten. Doch wenn Gewalt im Spiel ist, ist Schluss mit Lustig. Dann ist es Zeit, Vernunft, Umsicht und Entschlossenheit walten zu lassen und Regeln zu befolgen, zu einem guten Ende für alle Beteiligten.
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see: The benefits of objectivity (5/24)
        The ups and downs of democracy (12/22)