Der "Grüne", das unbekannte Wesen
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Im Standard
vom 5.6.09 erschien unter der Rubrik 'Kommentar
der Anderen' von Michael Miersch Das
Erbe der Ökopaxe, mit der Forderung, ein neues ökologisches Denken
müsse Abschied nehmen vom Früher-war-alles- besser-Paradigma. |
Der
Herr
Miersch hat wohl eine recht seltsame Vorstellung von den "Grünen".
Seiner Vorstellung nach sind sie eine Art "Polizei", die sich zur
Aufgabe gemacht hat, sich und die lieben Mitmenschen vor Schaden zu
bewahren. Sie kümmern sich seiner Vorstellung nach darum, daß sich in
unserer Nahrung keine gesundheits- schädlichen, sondern nach
Möglichkeit -förderliche Inhaltsstoffe befinden; daß wir saubere Luft
atmen und reines Wasser trinken können; und daß unser Alltags- und
Berufsleben unter möglichst erträglichen Randbedingungen ablaufen kann. |
Mag sein,
daß den Grünen das alles ein wichtiges Anliegen ist. Damit allein ließe
sich aber noch keine politische Haltung begründen. Politisch wird eine
solche "grüne Grundeinstellung" erst, wenn die altruistische Beachtung der Nachhaltigkeit zur Maxime allen
Handelns erhoben wird. In diesem Zusammenhang stellen sich "Grüne"
schon lange die Frage, wohin letztlich eine Wirtschaftsweise
führen mag, die nur dann reibungslos funktioniert, wenn Produktion und
Konsum ständig um einen gewissen Mindestprozentsatz wachsen. |
Hier kommt
der "Grüne" recht bald in Konflikt mit bestehenden politischen
Systemen, die letztlich - man kann sich dieses Eindrucks nicht
erwehren - nur allzu oft dazu da sind, diverse Interessens- gruppierungen
ruhigzustellen, die alles andere als altruistische Ziele
verfolgen. Paradigmatisch für eine solche Auseinandersetzung war
1984/85 die Verhinderung des Donaukraftwerks Hainburg, die mit großem
Engagement den Arbeitsplatzsorgen der Kraftwerksbauer abgerungen wurde. |
Wohlverstandene
"grüne Politik" ist weitsichtig genug, um eben gerade nicht nur auf der
Ebene einer "Umweltpolizei" und eines Konsumenten- schutzes zu agieren,
sondern darüber hinaus die Wurzeln der Probleme zu erkennen, die uns
u.a. die fortschreitende Technisierung der Welt gebracht hat. Daran
kann ich keine "statische Weltsicht" oder Angstmacherei erkennen. Im
Gegenteil: Erst der technische Fortschritt und seine Errungenschaften
schaffen die Voraussetzungen zum Erkennen zentraler Probleme
menschlicher Lebensführung und gibt uns die Mittel, sie zu lösen. |
Das ist
keine rückwärtsgewandte Nostalgie, sondern verantwortliche Sorge um die
Zukunft, von der Hoffnung getragen, daß ein menschenwürdiges und
erfreuliches Dasein für alle auf dieser Welt verwirklicht werden kann.
Das hat mit den sozialen und politischen Verhältnissen viel
mehr zu tun als nur mit der Erfüllung der banalsten
Grund- voraussetzungen wie z.B. schadstofffreie Nahrungsmittel.
Wie ein roter Faden zieht sich durch die Intentionen einer "grünen
Politik" das Bestreben, auf Entscheidungen Einfluß zu nehmen, bei denen
langfristig negative Folgewirkungen kurzfristigen Vorteilen
gegenüberstehen. |
Breit ist
die Palette von Maßnahmen und Aktionen, aus denen sich kurzfristig
politisches Kleingeld schlagen läßt. Daß Grünparteien weltweit meist
unter der 10%-Marke herumkrebsen hat damit zu tun, daß grüne Politiker
so manchen Versuchungen widerstehen müssen, denen Vertreter anderer
Parteien schamlos nachgeben. Es bleibt nur zu hoffen, daß sich dennoch
immer wieder genug engagierte und leidenschaftliche Vertreter "grüner
Politik" finden, denen auch das Wohl von Menschen am Herzen
liegt, die sie persönlich nie kennenlernen, geschweige denn wählen
werden. |
5/09 < MB /6/09) > 9/09
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siehe auch:
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