sie sind alle so dumm...Asterix und die Goten -22-

Die Herrschaft der Dummen

Vor einer Woche saß ich mit Freunden beim Italiener. Nach Django Unchained verstieg ich mich aus purer Lust an der Kontroverse zu der Behauptung, viele Sklaven wären auch ganz zufrieden mit ihrem unfreien Leben gewesen - nicht viel anders als hierzulande die Leibeigenen früherer Jahrhunderte. Mitleidiges Lächeln war alles, was ich dafür erntete.
"Sechseinhalb Millionen Debile und Tobsüchtige", so konstatierte Thomas Bernhard 1988 in seinem Stück "Heldenplatz" den geistigen Zustand Österreichs. Bei der damaligen Einwohnerzahl von 7.6 Millionen hätte das 85.5% ergeben. Eine zu pessimistische Schätzung, und noch dazu nicht ernst gemeint?
Aus den diversen Müllsammelbehältern in unserem Hof ziehe ich immer wieder die seltsamsten Irrläufer. Plastiksackerln mit Restmüll aus der Biotonne; Styroporverpackung aus dem Altpapier. Scheinbar wohne ich mit Menschen zusammen, die nicht zwischen verschiedenen materiellen Kategorien unterscheiden können. Idioten? Provokateure? Schlafwandler?
Aus diversen Medien ist zu erfahren, dass ein Viertel der Pflichtschulabgänger (trotz mindestens 9-jährigem Bemühen) nicht lesen und schreiben könne. Stellt man in Rechnung dass die Beherrschung dieser elementaren Bildungsleistung noch lange kein Garant für intelligentes Verhalten sein muss, so muss man tatsächlich einen erheblichen Anteil an Mitbürgern mit erstaunlichen Bildungslücken vermuten.
Bei politischen Entscheidungen allerdings dürfen bei uns seit ca. 100 Jahren alle mitbestimmen. Es ist egal, wie klug man ist, in welche Schulen man ging, Hauptsache man ist in der Lage ein Kreuz auf einem Zettel zu hinterlassen, das genügt. Und nachdem in der Demokratie die Mehrheit darüber entscheidet, was geschehen soll und was nicht, liegt unser aller Schicksal in der Hand derselben: der Mehrheit nämlich, wie auch immer sie sich zusammensetzt.
Als braver Bürger musste sich auch ein Thomas Bernhard fügen dem Votum der "Debilen und Tobsüchtigen", so gern oder ungern er das getan haben mag. Denn was bliebe auch sonst anderes übrig? Wer sollte entscheiden, wessen Stimme zählt und wessen Stimme als irrelevant unbeachtet bleibt? Seit ca. 100 Jahren verzichten wir auf Bevormundungen dieser Art. Alle dürfen wählen, die Gescheiten genauso wie die Dummen.
Was Bernhard sagte, gilt leider auch noch heute: die Dummen bilden die Mehrheit. Deshalb gilt es vor allem, um ihre Stimmen zu werben. Wahlen gewinnt am ehesten jener, den die Dummen aufs Schild heben. Die Dummen wählen jenen, der sie beschenkt und der ihnen schmeichelt und sie unterhält. Wer ihnen Opfer abverlangt und Pflichten auferlegt, den lassen sie links liegen.
Wir leben in keiner Demokratie, sondern in einer Diktatur der Dummen. Der einzige Weg aus diesem Dilemma heißt Bildung und Geduld. Erst wenn die Dummen in die Minderheit kommen, bekommt die wahre Demokratie eine Chance. Dann wird man sich endlich für die Bahn und gegen das Auto entscheiden, für die Wiederverwertung und gegen den Konsum, für das Mitleid mit den Verfolgten und gegen die Xenophobie.
Bis dahin müssen sie sich beherrschen, die wenigen Klugen, und freundlich und geduldig mitwirken an der Bildung der Massen, wohl wissend, dass es noch weitere Jahrzehnte dauern wird, bis die Menschen wirklich in der Lage sein werden, sich ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit zu entwinden, auch wenn uns dasselbe Immanuel Kant bereits im Jahre 1784 (also vor sage und schreibe 229 Jahren) anempfohlen hat.
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Education / Erziehung
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