![]() Michael Sowa: Ruprecht Express (Theater Ohne Namen) |
Oh du fröhliche... |
Dem britischen Wirtschaftsforscher John Maynard Keynes wird die Aussage zugeschrieben, es sei besser, jemanden dafür zu bezahlen, ein Loch zu graben und es danach wieder zuzuschütten, bevor man ihn ohne Arbeit läßt. Auch wenn Keynes zu dieser Ansicht schon in den 30er-Jahren gekommen ist, bin ich in der Zeit vor dem letzten Weihnachtsfest zu ganz ähnlichen Auffassungen gelangt, ohne jemals von ihm gehört zu haben. Nachdem sich inzwischen gnadenlos das nächste Weihnachtsfest nähert, finde ich es hoch an der Zeit, meine diesbezüglichen Vorschläge endlich publik zu machen. |
Alle Jahre wieder buhlt die Wirtschaft verzweifelt um die Gunst der Konsumenten. Mit dem 24. Dezember strebt dieser Balztanz seinem orgiastischen Höhepunkt entgegen. Leider bleibt jedes Jahr ein großer Teil der Geschäftsleute enttäuscht auf Bergen unverkaufter Ware sitzen. Dabei könnte ihnen so leicht geholfen werden. Man müßte nur nach den Feiertagen Lastwägen in die Einkaufsstraßen schicken und all die übrig gebliebene Ware ratzeputz aufkaufen. Das Resultat wären glückliche Verkäufer vor leeren Regalen. |
In bester keynes'scher Manier ließe sich im selben Aufwaschen auch gleich die Winterarbeitslosigkeit bekämpfen. An irgendeiner nutzlosen Stelle läßt man gegen gute Bezahlung ein großes, tiefes Loch graben (in einem anderen Zusammenhang schlägt Keynes für ähnliche Aktionen stillgelegte Kohlegruben vor - auch nicht schlecht). Dort läßt man die nutzlosen leider-nicht- Weihnachtsgeschenke diskret verschwinden und schüttet das Ganze wieder zu. |
Alle wären zufrieden: Der Handel könnte sich über ein Bomben-Weihachtsgeschäft freuen; viel weniger Leute als sonst müßten sich über unerwünschte, geschmacklose Geschenke ärgern; und das Arbeitsmarktservice könnte mit einem Rückgang der Arbeitslosenzahlen im notorisch schwachen Dezember glänzen. |
Sollte es mit der Zeit schwierig werden, "nutzlose Stellen" zu finden, stünde einer kalorischen Verdichtung in einer unserer modernen Verbrennungsanlagen nichts im Wege. Die erforderlichen Sonderschichten könnten vor geladenem Publikum durch das Absingen von Weihnachtsliedern zu einem, dem Anlaß entsprechenden, festlichen Ereignis gestaltet werden. |
Die Gäste könnten darüber hinaus ermuntert werden, unerwünscht erhaltene Geschenke mitzubringen. Nach jeder Strophe von "Oh du fröhliche..." könnte dann eine neue Gruppe an den Rand des großen Kessels treten und mit Ausrufen wie "Vanitas! Vanitas!" den nutzlosen Ramsch den Flammen übergeben. |
Wer soll das bezahlen? Auch darüber mache ich mir keine Sorgen. Ich bin sicher, daß man für einen so guten Zweck die notwendigen Mittel finden würde, am besten eingebracht in eine wohltätige Stiftung zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes, inklusive der erforderlichen zusätzlichen CO2-Zertifikate. Das wäre nur eine Frage der rechtzeitigen Organisation - für heuer könnte es mit der Geldbeschaffung allerdings noch knapp werden. Ein besonders glückliches Weihnachten 2009 ließe sich aber sicher schon in Angriff nehmen. |
10/08 < MB 10/08 > 10/08 Thorny blossoms of globalization |