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Unfreiheiten |
Immer wieder sind wir Menschen mit Unfreiheiten konfrontiert. Wir MÜSSEN mehrmals täglich unser Wasser lassen, MÜSSEN pro Minute mehrmals Atem schöpfen, und wie ich heute in der Zeitung lesen MUSSTE, MUSS ein angesehener französischer Politiker allen Frauen, die ihm über den Weg laufen, "den Hof machen", wie das so schön heißt. (A) MUSS er das wirklich? Und (B) zu welchem Zweck? |
Zu Punkt A ist anzumerken, daß ein jeder Mensch nur selbst darüber befinden kann, ob er/sie etwas unbedingt MUSS oder nicht. Es gibt Dinge, die man tun MUSS, weil man sich unvermeidbar dazu gedrängt fühlt. Dazu gehören nicht nur die eingangs genannten Handlungen, zu denen wir zur Aufrechterhaltung vitaler Körperfunktionen unsere Zuflucht nehmen. |
Was Punkt B betrifft, MUSS zugegeben werden, daß gerade bei Handlungen, zu denen man sich gedrängt fühlt, der Sinn und Zweck derselben oft im Dunkeln liegt. Es ist zwar richtig, daß es Erleichterung, sogar Vergnügen schafft, einem Drange nachzugeben. Damit allein jedoch läßt sich ein Zweck noch nicht begründen. |
Wenn aber Zwei zum wechselseitigen Vergnügen tätig sind, beginnt der Zweck sich zu erheben über den bloßen Eigensinn, denn jemand and'rem Freude zu bereiten ist gewiß ein höh'rer Zweck als nur der eig'ne Spaß. Nur eines ist dabei geboten, damit es dabei bleibt: Man darf nie darauf vergessen, daß die mir erlaubte Freude sich bemisst am Glück des Partners. |
Wird das Verhalten zum Reflex, dem man kopflos folgen MUSS, so tauscht man seine Freiheit ein für einen zweifelhaften Wert. Das Resultat ist nur zu oft der reine Eigensinn, viele gebroch'ne Herzen, und am Ende große Einsamkeit. Erst wer souverän es lassen oder nehmen kann, ganz wie es sich der andere wünscht, wird beitragen zum Glück der Welt. Seiner/ihrer wird man immer gern gedenken. |
10/8 < MB 10/08 > 10/8 |