Schöne Neue Arbeitswelt |
Es
ist doch wirklich unerhört: Da gibt es tatsächlich Leute, die sich
etwas anderes wünschen als jahrzehntelange Lohnarbeit. Was für eine
Frechheit! Die bleiben einfach zu Hause? Na, die trau'n sich was. Das
wird ihnen noch leid tun, denn zur Strafe werden wir sie dann später im
Alter hängen lassen. |
Der
endlich restlos entfesselte Markt dürstet nach Arbeitskräften, und wehe
dem, der sich diesem Durst entzieht! Herbei, herbei! Auf in die Büros,
in die Fertigungshallen, an die Kassen, in die Dienstleistungsbetriebe,
Unterrichtsklassen, Betreuungseinrichtungen, Werkstätten und
Verkaufslokale! |
Freiheit?
Die könnt ihr nach Dienstschluss genießen, da wisst ihr wenigstens,
wovon ihr müde seid. Am besten genießt ihr sie, indem ihr euer brav
verdientes Geld ausgebt. Aber verschwendet dabei möglichst wenig Zeit
mit dem lästigen Bezahlen. Wir überlassen euch doch jetzt diese tollen
elektronischen Karten: einmal kurz damit gewachelt, und schon ist alles
erledigt. Auch der überflüssige smalltalk mit der Kasse soll das Arbeitspensum nicht länger schmälern. |
Es
ist mir ein Rätsel, warum vor allem Frauen quer durch den Medienwald
vor den schlimmen Folgen gewarnt werden, die es angeblich haben wird,
wenn sie sich nicht beizeiten mit Haut und Haaren ins Berufsleben
stürzen. Hält man sie für dumm? Wie konnte es gelingen, alle Medien wie
auf Kommando dasselbe Lied singen zu lassen? |
Nein,
sie sind nicht dumm, im Gegenteil. Sie können sich etwas Besseres
vorstellen als 40 Stunden Woche für Woche auf ihre Selbstbestimmung zu
verzichten - worauf das Berufsleben ja leider immer noch meistens
hinausläuft. Schon von 'humanisierten Arbeitsstätten' gehört? Man
richtet sie nach wie vor nur für Behinderte ein (arme Tschapperln
halt...). Als normaler Mensch muss man sich 'Normales' bieten lassen. |
Warum
sind es mehr Frauen als Männer, die sich dem Diktat der Lohnarbeit
entziehen? Mehrere Gründe bieten sich an: (1) Sie sind klüger. (2) Sie
legen größeren Wert auf ein selbstbestimmtes Leben. (3) Sie fühlen sich
zu Hause wohl. (4) Sie finden sich leichter etwas zu tun. (5) Sie haben
ein angenehmes Wesen und werden zu Hause besser gelitten. (6) Sie
vertragen auf Dauer langweilige Tätigkeiten nicht. (7) Sie gehen gut
mit Kindern um. |
Einen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt es noch: Männer sind im Durchschnitt größer und stärker als Frauen. Auf
den ersten Blick scheint das auch eine Erklärung zu liefern, aber nur
auf den ersten. Genauer betrachtet kommt es heutzutage bei den meisten
Berufen nicht mehr auf Größe und Stärke an. Vielleicht kam es früher
vor, dass schwache Frauen durch Androhung von Gewalt zur Arbeit
gezwungen werden konnten. |
Diese Zeiten sind zum
Glück vorbei. Heute kann niemand mehr gezwungen werden, zumindest nicht
in unseren zivilisierten Breiten. Frauen
dürfen in unserem glücklichen Zeitalter zum 1. Mal selber frei
entscheiden, und sie machen von dieser Möglichkeit immer mehr Gebrauch.
Überraschung! Die machen wirklich, was sie wollen. Wer hätte das
gedacht? |
Wie
werden die Gesellschaften mittelfristig darauf reagieren? Man darf
gespannt sein. Immerhin: Missen will man sie ja doch nicht. Man (mann)
wünscht sich eine Frau zu Hause, dort soll sie schalten und walten wie
es ihr gefällt, und meistens ist mann damit hochzufrieden. Selten
funktioniert das umgekehrt, woran auch immer das liegen mag (siehe
oben). |
Also
wird mann die Versorgung im Alter anders als bisher regeln müssen.
Vielleicht schaffen wir es ja gemeinsam (mann + frau), dieses kleine
Problem zu lösen, wir müssen nur wissen, was wir wollen. Vor allen
Dingen müssen wir endlich eines einsehen: dass es Männer und Frauen
gibt, dass sie verschieden voneinander sind, und dass man sie nicht mit
demselben Maßstab messen kann. |
Frauen leben im Durchschnitt länger als Männer (noch so ein Unterschied...). Zwar giert der Markt nach ihrer Kraft aber: Hoppla!
Mit 55, spätestens 60 ist damit Schluss. Was für eine Idiotie... Dann,
wenn sie sich die Zeit endlich besser einteilen könnten, lässt mann sie
nicht mehr. Dabei könnten sie in dieser reifen Lebensphase noch so
manchen Job ausfüllen, und hätten vielleicht sogar Lust dazu. Mann fragt sie nicht. |
Etwas
mehr Flexibilität wäre angebracht. Natürlich soll keiner und keine zum
Arbeiten gezwungen werden. Arbeit unter Zwang wird selten gut
getan. Aber wenigstens sollte man niemanden durch Zwang von der
Arbeit abhalten, und das geschieht leider durch die aktuellen
'Ruhensbestimmungen'. |
Wir
alle, egal ob Männlein oder Weiblein, wünschen uns menschenwürdige
Arbeitsbedingungen. Niemand will wie ein Trottel stereotyp vor sich
hinwurschteln, froh über jede freie Minute. Froh wird man & frau
nur bei einer Arbeit, bei der man & frau ein Minimum an Autonomie
behalten darf: Eigenverantwortung, Einblick in den Sinn der Tätigkeit,
Einfluss auf wesentliche Faktoren. |
Erst
wenn man / frau den Erfolg der eigenen Bemühungen erlebt, beginnt
Arbeit Spaß zu machen. Trauen wir es uns allen zu! Wir müssen uns
gemeinsam den Spaß an der Arbeit zurückholen. Dieser Spaß ist die
Hauptsache, er beschert uns ein erfülltes Leben. Das Geld sollte
endlich wieder zur Nebensache werden, wie in Alten Zeiten. Es hat lang genug unser Leben vergiftet. |
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