Die 'mütterliche Schule' |
Im Frühjahr 1983 arbeitete ich als Post-Doc am CNRS in Gif-sur-Yvette
südlich von Paris. Meine familiäre Situation war angespannt. Die Mutter
meiner Kinder hatte keine Lust, ihren Wohnort schon wieder zu wechseln.
Kurz entschlossen nahm ich die beiden größeren unserer 3 Kinder zu mir
(damals 5 und 4 Jahre alt). Geht denn das? |
Es ging dank einer französischen Spezialität, der école maternelle (auf Deutsch hieße das 'mütterliche Schule'). Morgens brachte ich die beiden dorthin, am späten Nachmittag holte ich sie wieder ab (zu Fuß, Auto hatten wir keines). Man sprach mit ihnen dort in der Landessprache und ging dabei mit ihnen warmherzig um. Erstaunlicherweise hat es funktioniert. Wenn ich sie fragte, wie es war, bekam ich meistens zu hören: "Schön war's." |
Ca. 3 Monate dauerte unser Experiment, dann holte ihre Mutter die beiden
wieder ab. Französisch hatten sie in dieser kurzen Zeit nicht gelernt.
Hätten wir länger durchgehalten, wäre ihnen sehr wahrscheinlich auf
natürliche Weise eine zweite langue maternelle zugewachsen. |
Als 2010 in Wien der Kindergarten ab dem 5. Lebensjahr Pflicht wurde (und kostenfrei), dachte ich: Fein! Endlich auch bei uns. Enttäuscht musste ich bald erkennen, dass muslimisch geprägte Kindergärten immer zahlreicher wurden. Der Kindergarten wäre die beste Gelegenheit, gegen Segregation vorzugehen. Warum haben wir die Chance nicht besser genutzt? |
6/24 < MB
(6/24) > 7/24 Education / Erziehung |
Dieser Text entstand als Reaktion auf den Artikel im Standard (20. 6. 24) von Veronika Wöhrer 'Deshalb brauchen Schulen Quoten'. Die Zeitung zeigte daran kein Interesse. |